Wie präsent sind Grundrechte in unserem Alltag – und was bedeuten sie konkret für jede und jeden von uns? Mit dieser Frage eröffnete Dr. Dirk Gilberg, Direktor des Arbeitsgerichts Köln und Mitglied des Verfassungsgerichtshofs NRW, seinen Vortrag vor Schüler*innen der Jahrgangsstufe Q1 an der Gesamtschule Bergheim.

Dr. Gilberg, der gerne fotografiert, stellte im Rahmen seines Besuchs eine eigene Ausstellung vor: Großformatige Fotografien, ergänzt durch prägnante Begleittexte, bringen zentrale Artikel des Grundgesetzes in lebensnahe Kontexte und regen zur Diskussion an.

Zum Einstieg suchte Dr. Gilberg bewusst das Gespräch mit den Jugendlichen. Zwei Schülerinnen berichteten von ihren Erfahrungen als Zeuginnen vor Gericht – ein gelungener Ausgangspunkt, um auf die Bedeutung eines funktionierenden Rechtsstaats hinzuweisen. „Keine Angst haben zu müssen, wenn man von der Polizei befragt wird, ist keine Selbstverständlichkeit – sondern Ausdruck gelebter Grundrechte“, betonte Gilberg.

Im weiteren Verlauf diskutierte der Jurist mit den Schüler*innen anhand der ausgestellten Bilder über zentrale Grundrechte. So veranschaulichte er Artikel 6 – den Schutz von Ehe und Familie – mit der Frage, warum das Erziehungsrecht bei den Eltern liegt. Dies sei, so Gilberg, eine Lehre aus der NS-Zeit und ein wichtiger Schutz vor staatlicher Indoktrination.

Besonders eindrucksvoll war das Foto einer schwerbehinderten Richterin im Elektrorollstuhl am Arbeitsgericht Aachen. Dieses Bild diente zur Erläuterung von Art. 3 des Grundgesetzes, des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, der in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG eine besondere Ausprägung durch das Verbot einer Benachteiligung wegen einer Behinderung erfahren hat. Gilberg wies darauf hin, dass Frauen erst seit rund 100 Jahren Richterinnen werden dürfen, und betonte, wie wichtig der Gleichheitssatz sowohl für die Gleichstellung der Geschlechter als auch für die Inklusion ist.

Auch das Thema Überwachung wurde angesprochen: Am Beispiel der Kameraüberwachung am Ebertplatz diskutierten die Schüler*innen über Artikel 2 – das allgemeine Persönlichkeitsrecht – und über das Spannungsfeld zwischen Datenschutz und Sicherheitsinteresse. „Wer darf wann wie lange filmen – und mit welchem Zweck?“ lautete eine der zentralen Fragen.

Artikel 8 – das Versammlungsrecht – wurde anhand zweier Demonstrationen auf dem Kölner Heumarkt anschaulich erklärt: Einer kleinen Gruppe von Corona-Kritikern folgte wenig später eine deutlich größere Friedensdemo gegen den Ukraine-Krieg. Beide Versammlungen wurden durch Polizeikräfte geschützt – ein Beispiel dafür, dass der Rechtsstaat Meinungsfreiheit unabhängig von Inhalten gewährleistet- wenn sie nicht der Verfassung widersprechen!

Die Schüler*innen zeigten sich beeindruckt von der Verbindung aus juristischem Wissen und künstlerischem Zugang. „Mir ist erst durch das Gespräch bewusst geworden, wie sehr die Grundrechte mein Leben bestimmen“, sagte eine Schülerin. Die Ausstellung und der Vortrag machten deutlich: Grundrechte sind keine bloßen Formeln – sie sichern Freiheit und Gleichheit in unserem Alltag.